В газете "Frankfurter Allgemeine" вышел опус некоего г. Николая Клименюка.
Волнует этого г. всё тоже: русская культура, повинная во всех несчастьях этого мира.
Поводом для очередного оплёвывания Достоевского и Ко послужила кауза увольнения всё того же Десницкого из университета самого демократичного в мире города Вильнюса за высказывания ...летней давности.
Ну, и Бродского с его дискуссией с Кундерой не преминул вспомнить сей ....омёт.
(Вот как приятно попинать мёртвого лаурета Нобеля, который уже никогда никому ничего не сможет возразить).
Но под метание нечистот очередного выруся на сей раз попала не просто культура, а - вы не поверите - сама ЛЮБОВЬ.
Вот не так русские и их культура любят, не к тем со своей любовью лезут и вообще, если кто-то кого-то любит, то это есть насилие (!).
У меня вопрос куда катится мир?
Теперь на знамёнах всего "прогрессивного" человечества должно быть написано "ненависть".
По логике подобных Клименюку.
Мы тут даже подписку временную оформили, дабы статью предоставить.
Знающие немецкий прочтут.
Кто не знает, может воспользоваться известными переводчиками.
Название статьи, конечно, превосходит многое "Русский культурный национализм"!
Такие вот мы националисты: не с автоматом наперевес, а с книгой Пушкина.
Удивительно, конечно: ну, предоставьте своих классиков размера Чехова и Ко и ставьте их на всех подмостках мира: литовцев, эстонцев, поляков, латышей, словаков, чехов....
Но - за неимением своих будем валять в дерьме чужих.
Да и классики-то эти таким особям, как Клименюк, по жизни не нужны.
RUSSISCHER KULTURNATIONALISMUS
:
Sie wollen, dass wir sie „lieben“
VON NIKOLAI KLIMENIOUK-AKTUALISIERT AM 09.09.2023-08:52
21. August 1968: Russische Truppen schlagen den „Prager Frühling“ nieder. Bürger versuchen – erfolglos – eine Barrikade gegen die Panzer zu errichten.
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Russische Intellektuelle sagen, die Kultur ihres Landes dürfe man nicht mit dem Regime verwechseln. Dabei untermauern auch große Dichter, dass wir die „Liebe“ der Russen ertragen müssen. Auch wenn sie Vernichtung bedeutet.
Die Universität Vilnius hat sich vom russischen Bibelforscher Andrei Desnizkij getrennt, der dort seit vergangenem Jahr lehrte. Grund dafür waren Desnizkijs Artikel und Posts in sozialen Medien, in denen er über Jahre hinweg die sowjetische Besatzung der baltischen Staaten und die Annexion der Krim durch Russland relativierte.
Eine Journalistin machte auf diese Beiträge aufmerksam. Erwartungsgemäß provozierte die Entscheidung der litauischen Universität unter den russischen Intellektuellen und in den liberalen Medien im Exil einen Aufschrei der Empörung. Die Journalistin sei eine Denunziantin, die Entscheidung undemokratisch, Desnizkij sei ein wichtiger Wissenschaftler, der der Universität eine Ehre erwiesen habe, in einem zivilisierten Land wäre so etwas nicht passiert, in Litauen werde man für Meinungen bestraft, und überhaupt nirgendwo liebe man Russen.
Als Milan Kundera der Ekel überkam
Diese Angelegenheit erinnert auf unheimliche Art an eine für die zeitgenössische russische Kultur wichtige Debatte, die 1985 in der Literaturbeilage der „New York Times“ begann und anscheinend nie aufgehört hat. Der tschechische Schriftsteller Milan Kundera erzählte in einem Essay eine Episode, die sich am dritten Tag der sowjetischen Besatzung der Tschechoslowakei im August 1968 ereignete. Auf der Fahrt von Prag nach Budweis, schreibt Kundera, wurde er angehalten, und während drei Soldaten sein Auto durchsuchten, versuchte der russische Offizier mit ihm zu plaudern. „Wie fühlen Sie sich?“ – soll er als Erstes gefragt haben. Das sei doch alles ein großes Missverständnis, das sich bald von selbst klären werde: „Ihr müsst verstehen, dass wir euch Tschechen lieben.“
Dieses Interesse der Besatzer an Gefühlen hat Kundera schockiert und angewidert: „Sie alle sprachen mehr oder weniger so wie er, wobei ihre Haltung nicht auf dem sadistischen Vergnügen des Räubers beruhte, sondern auf einem ganz anderen Archetyp: unerwiderte Liebe. Warum weigern sich diese Tschechen (die wir so lieben!), mit uns so zu leben, wie wir leben? Wie schade, dass wir gezwungen sind, ihnen mit Panzern beizubringen, was es heißt, zu lieben!“ Kundera verwendete die Worte „sowjetisch“ und „russisch“ synonym, doch es war für ihn selbstredend, dass der Aggressor eigentlich Russland war. Deswegen suchte er nach Erklärungen nicht im politischen System, sondern in der russischen Kultur. Und fand sie unter anderem in den Werken von Dostojewskij, in diesem, wie er schreibt, „Universum aus überzogenen Gesten, düsteren Tiefen und aggressiver Sentimentalität“.
Sowjetische Aggression und russische Kultur
Die Vermutung, sowjetische Aggression könnte etwas mit der russischen Kultur zu tun haben, erzürnte den Dichter Joseph Brodsky, der 1972 aus der UdSSR ausgewiesen wurde und 1985 an einem College in Massachusetts lehrte. Brodsky antwortete in derselben Zeitung mit einem Text von atemberaubender Arroganz. Kundera sei vom Gang der Geschichte geblendet, schrieb Brodsky, sein Denken sei von der Geographie und allerlei Grenzen eingeschränkt. Die Kunst sei über solche Dinge wie Tyrannei und dergleichen erhaben, ein wahrer Ästhet solle beim Anblick ausländischer Panzer keine schnellen Schlüsse ziehen. Das politische System, das Kunderas Land angegriffen habe, sei ein westlicher Import, ein Produkt von Rationalität und Aufklärung: „Kurzum, wenn man einen russischen Panzer auf der Straße sieht, hat man allen Grund, an Diderot zu denken.“
Kundera wagte nämlich zu schreiben, dass er sich während der Besatzung lieber mit Diderot als mit Dostojewskij beschäftigen wollte. „Es ist wahr, dass Panzer und Truppen in Herrn Kunderas Land mit nagender Regelmäßigkeit aus dem Osten einströmen; aber was ihn zu der Annahme veranlasst, dass die von Dostojewski beschriebene Art von Mensch nur dieses Reich bewohnt, ist einzig und allein die Tatsache, dass der Westen bisher keinen Schriftsteller von Dostojewskijs Scharfsinn hervorgebracht hat.“ Laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Pew von 2018 glaubten 69 Prozent der Russen, ihre Kultur sei anderen Kulturen überlegen; das war nach Griechenland der zweithöchste Wert in Europa.
Brodsky beließ es nicht bei Seitenhieben auf Kundera, er teilte großzügig gegen die Tschechoslowakei und die gesamte Region aus, die er – in klarer Ablehnung des von Kundera geprägten emanzipatorischen Begriffs Mitteleuropa – Osteuropa nannte: „Da Herr Kundera so lange in Osteuropa (für manche auch in Westasien) gelebt hat, ist es nur natürlich, dass er europäischer sein will als die Europäer selbst.“ Nirgendwo habe man sich stärker dem Gespenst des Kommunismus widersetzt als in Russland; die Tschechoslowakei dagegen habe sich ihm bereitwillig hingegeben. So ähnlich argumentierte 2012 der Bibelforscher Desnizkij in einem Artikel über die Einverleibung der baltischen Staaten durch Stalins Sowjetunion, der ihn letztlich seine Stelle kostete.
Viele Ideen und Formulierungen aus Brodskys Text hallen in den heutigen Wortmeldungen russischer Intellektueller nach, wenn es um die gesellschaftlichen und kulturellen Hintergründe der russischen Aggression oder um die persönliche Verantwortung jedes Einzelnen dafür geht. Ein Satz sticht als eine Art Glaubensbekenntnis besonders hervor: „Angst und Abscheu sind verständlich, aber Soldaten repräsentieren keine Kultur, geschweige denn eine Literatur – sie tragen Waffen, keine Bücher.“ Als eine späte Illustration zu dieser These Brodskys könnte man die Fassade des zerbombten Theaters im ukrainischen Mariupol zeigen, die die russischen Besatzer mit den Porträts ihrer Klassiker dekorierten.
Der russische Kulturbetrieb stützt das Narrativ des Regimes
Die Erwiderung, es sei das Regime, das die Literatur instrumentalisiere, greift zu kurz. Der russische Kulturbetrieb produziert ununterbrochen Narrative, die die russische Kultur, Bildung, Krieg, Gewalt und das nationale Verständnis der Liebe miteinander verbinden. Die Intellektuellen sträuben sich dagegen nur, wenn diese Feststellungen als Kritik von außen kommen, vor allem von den Opfern der russischen Liebesbemühungen. 2015 erschien im progressiven Verlag Corpus eine von der Schriftstellerin und Literaturwissenschaftlerin Maria Golowaniwskaja zusammengestellte Anthologie „Lektionen der russischen Liebe. 100 Liebesgeständnisse aus der großen russischen Literatur“ mit entsprechenden Stellen aus literarischen Texten und Essays moderner Autoren. Im Vorwort schreibt die Herausgeberin, Russland erlebe die dritte Wiederkunft der Klassik, Soldaten brauchten die Liebe, um in den Krieg zu ziehen und heldenhaft zu sterben, und genau das vermittle ihnen die klassische Literatur im Schulprogramm. Nach einer kurzen Unterbrechung der Gorbatschow- und Jelzinzeit sei sie wieder da und mit ihr die romantische Liebe, welche jetzt „mit einer noch nie dagewesenen enormen Wucht sprießt“.
Es gebe keine russische Liebe, so Golowaniwskaja, außer der aus russischen Büchern, und ohne Liebe gebe es im Leben kein Glück. In einem Interview von 2020 sagte sie, Liebesgeständnisse seien grundsätzlich immer Gewaltakte: „Im Allgemeinen sind die Beziehungen zwischen Menschen voller Gewalt aller Art. Denn die Freiheit des einen endet nicht dort, wo die Freiheit des anderen beginnt.“ Das hat nicht zuletzt mit dem Liebesverständnis zu tun, wonach die Liebe ein Streben der getrennten Teile eines Ganzen zueinander ist. „Das furchtbare Leid, das ein Mensch erfährt, ist darauf zurückzuführen, dass er plötzlich erkennt: Er ist kein Ganzes, sondern eine Hälfte.“
„Ich liebe dich“ bedeutet Gewalt
Golowaniwskaja veredelt das Konzept mit Verweisen auf die klassische Antike, übersetzt in die Sprache der Gegenwart heißt es aber, dass aus einem „ich liebe dich“ zwangsläufig Konsequenzen für das Objekt der Liebe entstehen, ein „du gehörst zu mir“. Der schwache Liebende leidet, der starke vereinigt sich mit dem Objekt seiner Liebe, wenn nötig, mit Gewalt. Es überrascht nicht weiter, dass Golowaniwskaja in jenem Interview voller Verachtung über die bloße Idee der Grenzen spricht. Es überrascht ebenso wenig, dass ein selbsterklärter Kämpfer für die große russische Kultur, der belarussische Machthaber Lukaschenko, die blutige Niederschlagung der Proteste nach seiner Abwahl ausgerechnet mit dem Satz „Eine Geliebte gibt man nicht weg!“ begründete. Achtzehn prominente russische und belarussische Popsänger und Bands machten aus diesem Satz einen Song und nannten ihr kollektives Werk „Künstler für den Frieden“.
Der russische Mensch liebt den Tod, kennt sich mit ihm aus, ist von ihm fasziniert und angezogen.“ Als eine deutsche Politikwissenschaftlerin letztes Jahr etwas Ähnliches bei Markus Lanz sagte, wurde sie auf Twitter als Rassistin angeprangert. Der Satz stammt aber aus den „Lektionen der russischen Liebe“ und gehört der Schriftstellerin Tatjana Tolstaja, einer Enkelin des sowjetischen Klassikers Alexej Tolstoj und entfernter Verwandten aller anderen Kulturgrößen dieses Namens.
Salman Rushdie hielt dagegen
1988 nahm Tolstaja, damals 37 Jahre alt, an einer hochkarätig besetzten Schriftsteller-Konferenz in Lissabon teil, auf der es zu einem heftigen Streit zwischen Autoren aus Russland und Mitteleuropa kam. Brodsky, zu jener Zeit bereits Literaturnobelpreisträger, griff erneut das Konzept von Mitteleuropa des nicht anwesenden Milan Kundera an, Tolstaja und andere legten nach. Auf besonders vehemente Ablehnung der Russen stieß die Aufforderung der Kollegen, Stellung zu der damals noch andauernden sowjetischen Besatzung von Mitteleuropa zu beziehen.
Der anwesende Salman Rushdie attestierte den russischen Schriftstellern koloniale Haltung („Eines der größten Privilegien des Versklavers ist es, die Versklavten zu beschreiben. Die Russen werden nicht müde zu wiederholen, dass sie nicht an die Existenz von Mitteleuropa glauben“) und sagte speziell über Tolstajas Auftritt, sie verwende falsche Metaphern: „Das Gefängnis ist nicht freier als die Freiheit. Ein Panzer ist kein Klimafaktor.“ Doch Tolstaja lebt von heftigen Metaphern. So schrieb sie 2015 auf Facebook: „Wenn russische Soldaten Millionen von Deutschen vergewaltigt haben, wie uns jetzt erzählt wird, dann müssen diese Deutschen Kinder zur Welt gebracht haben – nun, vielleicht nicht alle, aber die Hälfte von ihnen, sagen wir mal. Also ist die deutsche Bevölkerung in den eroberten Gebieten jetzt russisch, nicht deutsch.“
MEHR ZUM THEMA
Tolstaja positioniert sich als über die Politik erhaben, doch ihre Aussagen passen erstaunlich gut zu den Narrativen der russischen Macht. Kurz davor beschäftigte sich die Duma mit der Frage, ob man die Wiedervereinigung Deutschlands als Annexion betrachten sollte. 2023 wurde diese Ansicht endgültig zum Teil des Staatsdoktrin. Im kürzlich erschienenen, staatlich abgesegneten, vom ehemaligen Kulturminister Wladimir Medinskij mitverfassten Lehrbuch „Russische Geschichte 1945 – Anfang des 21. Jahrhundert“ heißt es: „Im Jahr 1989 begann der einseitige Abzug der sowjetischen Truppen aus Ost- und Mitteleuropa. Dies war eine besonders unüberlegte Entscheidung, denn die Schwächung der sowjetischen Militärpräsenz in den verbündeten Ländern führte zu einer drastischen Verschärfung nationalistischer und antisowjetischer Stimmungen. Der kollektive Westen nutzte dies aus. (…) 1990 annektiert die BRD Ostdeutschland. Die DDR wurde von der BRD einverleibt.“
Die künftigen russischen Soldaten werden dieses Wissen mit sich tragen, ebenso wie die aus Büchern geschöpfte Idee, dass man für seine Liebe, für die verlorenen Teile des Ganzen kämpfen soll. Was man an dieser Stelle noch gut erkennen kann: Der Begriff „Mitteleuropa“ hat sich in Russland doch durchgesetzt, die Hochkultur hat im Kampf gegen den repressiven Staat wieder einmal verloren.
Quelle: F.A.Z.